Zwischen „Profitgier“ und „Weltverschwörung“
Was falscher Antikapitalismus mit Antisemitismus zu tun hat
Vortrag und Diskussion mit Lothar Galow-Bergemann
18. Mai – 19.00 Uhr – k-fetisch – Wildenbruchstr. 86 (Berlin-Neukölln)
Klima, Corona, Krieg und Hunger – die Krisen jagen sich. Sie haben viel mit der herrschenden Wirtschaftsweise zu tun – dem Kapitalismus. Unendliches Wachstum ist ihm wichtiger als Mensch und Natur, maximaler Profit wichtiger als Gesundheit und Lebensqualität, steigende Aktienkurse wichtiger als das Leben künftiger Generationen. Der Kapitalismus hat uns in eine Sackgasse geführt. Viele sind gegen ihn, doch haben sie ihn auch verstanden?
Gesellschaftskritik wird oft mit Wut auf „die Schuldigen“, „Lügenpack“ und „Lügenpresse“ verwechselt. Viele phantasieren – z.B. im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie – von einer Weltverschwörung „profitgieriger Milliardäre“, die die sie ins Unglück stürzen wollen. Die Nationalsozialisten setzten die eingebildeten „Gierigen und Mächtigen, die im Geheimen wirken und die Welt versklaven wollen“ mit „den Juden“ gleich. Doch auch wer das nicht tut, kann sich in einer gefährlichen Nähe zum Antisemitismus befinden, ohne sich darüber im Klaren zu sein.
Viele Linke glauben, sie seien resistent gegen Antisemitismus, weil sie Antirassist*innen sind. Doch Antisemitismus ist etwas völlig anderes als Rassismus. Er ist ein Welterklärungssystem mit antikapitalistischem Anspruch, das nichts vom Kapitalismus kapiert hat. Auch Linke, die die abstrakte Herrschaftsform von Markt und Kapital nicht durchschauen und von „der profitgierigen Kapitalistenklasse“ reden, haben den Kapitalismus nicht verstanden. Sie sind zwar selten Antisemit*innen, aber häufig anfällig für antisemitische Denkmuster. Geschichte und Gegenwart der Linken sind voller Beispiele dafür.
Einfache Welterklärungen und Verschwörungsphantasien haben in Krisenzeiten Hochkonjunktur. War die Coronaleugnerei das Ende der Fahnenstange? Welchen Wahn wird vermeintliches „Querdenken“ noch hervorbringen? Werden Linke dem wirklich etwas entgegenzusetzen haben? Eine reflektierte Kapitalismuskritik, die sich wesentlich vom herrschenden Bauch-Antikapitalismus unterscheidet, ist heute nötiger denn je.
Lothar Galow-Bergemann schreibt u.a. für konkret, Jungle World und Emanzipation und Frieden.
Wir bitten um das Tragen einer FFP2-Maske während der Veranstaltung und um einen tagesaktuellen Schnelltest. Zudem ist auf die Einhaltung der 2G-Plus Regelung zu achten.